Freitag, 19. August 2016

Slowakei - hab ich geliebt aber auch gehasst

Tag 83 bis 101, 28.6.-16.7.
Hike: 444km
Fly: 279km
Flug Nitra auf XContest
Flug von Zadna Hola auf XContest


Bratislava - viel Plattenbauten, eine kleine schmucke Altstadt und eine Nacht auf Renatas Sofa. Obwohl das Stadtleben nicht so mein Ding ist, gefiel mir der erste Eindruck der Slowakei richtig gut. Die Stadt liegt direkt am nordwestlichen Karpatenvorland - entsprechend schnell lies ich den Stadtlärm tags darauf hinter mir und genoss das erste Mal das dichte Wandernetz durch die hügeligen Buchenwälder - einfach herrlich.
Schattenspendende Buchen, Buchen und nochmals Buchen...
...und ab und zu eine Militäranlage oder doch ein mini AKW?
Schlafen im Heu
Da sich der erträumte Flachlandflug wegen Luftraumbeschränkungen in Luft auflöste, erhielt ich auf dem Weg nach Nitra dann aber bald einen ganz anderen Eindruck vom Wandern. Enge alternativlose Hauptstrassen, rücksichtsloser Verkehr, 30 Grad plus, monokultruurige langweilige Landschaften, tote Flüsse und teils schöne Cumulis am Himmel - einfach schrecklich!
Augen zu und durch, wenn es der Verkehr zulässt
Zwischenstopp in Trnava - Augen auf! Aber nur im Stadtzentrum, welches wegen den vielen Kirchen auch "klein Rom" genannt wird

Die Wetterprognose trieb mich aber an und mit einem tollen Flugtag waren die Strapazen schon vergessen. Schade, dass sich der erste Flugtag auch gleich als bester und einziger richtig gute Flugtag auf meiner Reise durch die Slowakei erwies. Ich musste mich nämlich erst ans Fliegen in den meist flach auslaufenden Waldhügeln gewöhnen und wollte natürlich nicht als Christbaumschmuck enden - zumal Tannen da sehr dünn gesäht sind ;).
erster guter Flugtag in den Karpaten

So versenkte ich mich leider etwas übervorsichtig nach 80km und machte mich zu Fuss über die Hügel der Fatra in Richtung Donovaly (wohl der bekannteste Fliegerspot der Slowakei).
Hammer Nachtlager auf dem Weg zur Krishna - hab ich sehr gern geteilt mit dem sympatischen tschechischen Fähnlein Fiselschweif
Tolle Wanderung durch eine Schlucht

Mit etwas Parawaiting, Nachtwandern, der einen oder anderen Soaring- und Spielsession und einigen kürzeren Flügen zog ich weiter Richtung Osten nach Liptovský Mikuláš.
Nachdem ich unerwartet von Blitz und Donner geweckt wurde, entschloss ich mich zu einer Nachtwanderung
das sinnvollste Verbotsschild auf meiner ganzen Reise

Ich verbrachte ein paar Stunden im Slowakischen Untergrund (Höhlenbesichtigung), genoss einen Abendflug vom Chopok, eine Nacht im Nirgendwo-Tal und verfluchte Tags darauf die Dickichtwanderung zurück aufs Wanderwegnetz, versuchte mich im Bärenspurenlesen und trainierte meine Arme in Hackbedingungen in der Luft.
Beeindruckender Slowakischer Untergrund
Bär oder doch nur Riesenkaninchen ;)

Schliesslich landete ich in der Nähe von Spišské Vlachy, wo ich wiedermal einen Pausentag einlegte, um einen gewittrigen und windigen Tag im Trockenen zu verbringen. Leider stimmten die Wettervorhersagen und der Sonntagsausflug von Slubica erwies sich als letzte Möglichkeit ein paar Kilometer fliegend zurück zu legen. Aber ich war da offenbar mal am richtigen Tag am richtigen Ort, denn der Startplatz füllte sich bald mit dutzenden slowakischen Piloten - neben Donovaly war dies übrigens der einzige Ort, wo mir Gleitschirmflieger im Rudel begegneten und daneben hab ich in der ganzen Slowakei genau einen Tandemflieger gesehen. Der Osten bot dann fliegerisch nur noch etwas Soaren fürs Gemüt aber so langsam bin ich ja Laufen gewohnt :)
für einmal etwas Betrieb am Startplatz und in der Luft

Eine Empfehlung von Locals: der Morské oko - ein See in einem längst erloschenen Vulkankrater nahe der Ukrainischen Grenze war den Umweg wert.
die 2x15km Umweg kosteten mich nur ein Lächeln
da gab's wohl mehr Fisch als Wasser

Die Slowakei zeigte sich sehr Gegensätzlich top Wanderwegnetz, Horror auf den Strassen - die Leute allgemein eher abweisend, schroff und unfreundlich - dann aber auch extrem Hilfsbereit und offen, die Landschaft entweder wild und unberührt oder dann intensiv bewirtschaftet.
Ferienhäuschen
wenn's mal eilt mit der Wäsche

Zum Schluss noch eine kurze Gutenachtgeschichte:

Wolfsgemetzel

Die letzte Nacht in der Slowakei verbrachte ich im Wald neben dem Vulkansee unter einem überdachten Picknickplatz, denn Sturm und Regen war vorhergesagt. Als ich mich schlafen legte, hörte ich immer wieder Äste knacken und sonstige Geräusche mal näher mal etwas weiter weg. Im Halbschlaf erinnerte ich mich an eine Infotafel, welche die Wildtiere in diesem Gebiet beschrieb unter anderem natürlich Bär und Wolf... ach was, dachte ich mir, die meiden doch Menschen. Doch als das Geräusch von knackenden Ästen wiedermal lauter wurde und ganz aus der Nähe kam, sprang ich aus dem Schlafsack und zündete mit meiner Stirnlampe in den umliegenden Wald. Dann plötzlich sah ich grün reflektierend ein Auge in ca. 60-70m Entfernung. Ich machte Lärm und rief in den Wald. Doch das Tier zeigte sich unbeeindruckt und kam eher noch näher - von der Augenhöhe her tippte ich zwar eher auf Dachs aber verdammt, wie sollte ich hier am Boden schlafen, wenn das Wild keine Angst vor mir hat!? Geht ja gar nicht! Ich bewaffnete mich mit Messer und Wanderstock und ging auf das Auge zu - erst langsam, dann immer schneller bereit zur Attacke. Jetzt endlich drehte das Auge ab und ging steil den Berghang hoch zu meiner Überraschung in seltsamen geschwungenen Bewegungen... ich hielt inne, schaute und lachte laut hinaus - Schmidi attackierte ein Glühwürmchen und schlug es tatsächlich in die Flucht :D - was das Hirn so alles konstruieren kann...

Mit einem breiten Grinsen kroch ich in den Schlafsack und genoss eine erholsame Nacht!

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